Wie begegnen wir der Welt? Was verbindet uns mit unseren Mitmenschen? Wie setzen wir uns mit ihnen auseinander?
Die jungen Dokumentarfotografen des DOCKS Collective haben sich ihren Themen über lange Zeiträume genähert und diese interpretiert. In ihrer Ausstellung „encounters“ zeigen sie persönliche Narrative, die gesellschaftliche und ökologische Zustände sowie Entwicklungen dokumentieren. Für ihre Langzeitprojekte verbrachten sie Zeit am Rande der Gesellschaft, reisten in vom Klimawandel bedrohte Lebensräume und widmeten sich den Traditionen der Provinz. Mit ihren fotografischen Essays rücken sie den Menschen in den Mittelpunkt und fragen, wie er, geprägt durch seine Umgebung und Geschichte, im aktuellen Zeitgeschehen lebt, denkt und fühlt.
DOCKS wurde im Mai 2018 in Dortmund gegründet. Das Kollektiv steht für vielfältige und zeitgenössische Ansätze der Dokumentarfotografie, basierend auf humanistischen Werten. Im Künstlerhaus zeigen die Fotografen ihre aktuellen Langzeitprojekte.  
Eine Umweltkatastrophe im Iran, Lake Urmia, dient Maximilian Mann zur Kritik am Umgang mit den Ressourcen  menschlichen Lebens und Überlebens.
Arne Piepke begleitet in Glaube, Sitte, Heimat Schützenvereine durch ihren Festzyklus und schafft ein faszinierendes Portrait deutscher Tradition.
Ingmar Björn Nolting schaut mitten in Deutschland Hinter Fassaden eines Hochhauses, wo sich Armut, Einsamkeit und Ausgrenzung im einstigen Traum der 1970er-Jahre verbergen.
Fabian Ritter zeigt mit horizone de calorden größten Waldbrand Europas des letzten Jahres und nähert sich in abstrakter und dokumentarischer Fotografie den Menschen in einem zerstörten Lebensraum.

www.dockscollective.com

Maximilian Mann

Von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbemerkt vollzieht sich am Urmia-See im Nordwesten Irans eine Umweltkatastrophe ungeheuren Ausmaßes. Der Urmia-See, der zweitgrößte Salzsee weltweit, zehnmal größer als der Bodensee, schrumpfte innerhalb der letzten Jahre um 80 Prozent. Verantwortlich dafür sind der Klimawandel und der enorme Wasserverbrauch der Landwirtschaft. Stürbe der Urmia-See, müssten fünf Millionen Menschen die Gegend verlassen, warnen WissenschaftlerIinnen. Schon heute sterben die Dörfer um den See aus. Wo vor gerade einmal zehn Jahren die Wellen gegen die Mauern der Dörfer schwappten, blickt man heute auf eine schier endlose Wüste. Die meisten Menschen sind schon in die nächste Großstadt geflüchtet. Die wenigen, die bleiben, kämpfen mit den schwerwiegenden Folgen. Und von Jahr zu Jahr wird es schlimmer, erzählen die Menschen vor Ort.
Maximilian Mann beschäftigt sich in seinem Foto-Essay mit den Gründen für das Sterben eines des größten Salzsees der Erde und den sich verändernden Lebensrealitäten der Menschen rund um den See. Durch die Begegnungen mit den BewohnerInnen will er auch auf die Schicksale der Menschen aufmerksam machen.

www.maximilian-mann.com

Ingmar Björn Nolting

Die Apartments des 1970er-Jahre-Wohnblocks am Rande der Göttinger Innenstadt galten damals als gute Adresse und beheimateten Anwälte, Mitarbeitende der Universität und junge Familien. Der einstmals mit Schwimmbad, Sauna und Einkaufszentrum ausgestattete Betonblock ist heute sichtlich in die Jahre gekommen und gilt bei vielen als „Bausünde“ und „sozialer Brennpunkt“. Aus den angesehenen Apartments der Besserverdienenden von damals wurde im Laufe der Jahre das Zuhause des gesellschaftlichen Randes. In Ingmar Björn Noltings Foto-Essay „Hinter Fassaden“ beschäftigt er sich mit der Geschichte, den Lebenswirklichkeiten und der Gefühlswelt der Menschen, die heute dort wohnen. Seit zweieinhalb Jahren begleitet er einige der BewohnerInnen, um zu verstehen, was ihr Leben in diesem Gebäude ausmacht. Darunter Suchtkranke, SozialhilfeempfängerInnen, Geflüchtete, Studierende und RentnerInnen in Altersarmut. Zum Abschluss seines Projekts zog er selbst für 5 Monate in das Gebäude. Sein Langzeitprojekt erzählt über die Geschichten der einzelnen Bewohner hinaus vom Nebeneinander der isolierten Lebenswelten.

www.ingmarnolting.de

Arne Piepke

Der Ursprung der Schützenvereine und Bruderschaften geht auf die Zivilverteidigung im Mittelalter zurück und ihr Motto „Für Glaube, Sitte und Heimat“ schmückt auch heute noch die Vereinsflaggen. Jedes Jahr veranstalten sie das Schützenfest, ein meist dreitägiges Fest bei dem Märsche, Schießwettbewerbe und die Proklamation des neuen Königs abgehalten werden. Neben wenigen Ausnahmen haben die Vereine und Bruderschaften strikte Regeln, erlauben keine Frauen als Mitglieder und repräsentieren konservative, christliche Werte.
In einem kleinen Dorf aufzuwachsen und von Kindheit an das lokale Schützenfest zu besuchen, hat Arne dazu gebracht, seine persönlichen Erfahrungen mit dieser Tradition zu überdenken. In den letzten 4 Jahren hat er 31 Schützenfeste im Sauerland besucht und dokumentiert, um die zeitgenössische Ausübung, die verschiedenen Rollen und die theaterähnliche Ausführung dieser Tradition zu hinterfragen. Diese persönlichen Erfahrungen bringt er in einem Buch zusammen, stellt sie gegenüber und bietet auf verschiedenen Textebenen einen neuen Kontext, um eine alternative Auseinandersetzung mit dieser Tradition zu ermöglichen.

www.arnepiepke.com

Fabian Ritter

Das Inferno sollte noch 10 Tage dauern, als im Wald von Perna de Negra, Monichque die ersten Flammen schlugen. Die Lufttemperatur kletterte bereits Tage zuvor auf 45 Grad. 27.000 Hektar Wald- und Naturfläche gingen in Flammen auf und mit ihnen die Lebensgrundlage und Heimat der betroffenen Bevölkerung. Nur durch Glück und den Zusammenhalt der Dorfgemeinschaften gab es keine Todesfälle. 50 Wohnhäuser wurden komplett zerstört, der Waldbrand gilt als der größte Europas im Jahr 2018.
Der Fotograf Fabian Ritter ist mehrfach nach Monchique gereist, um die Langzeitfolgen des Waldbrandes in der Region zu dokumentieren. Die betroffenen BewohnerInnen begleitet er nach dem Feuer. In der Arbeit „Incendio“ mischen sich abstrakte und dokumentarische Fotografien mit den Portraits der BewohnerInnen, geben einen Zugang zur Zerstörung und dem Neuanfang in Monchique.