Die Liebe ist ein Mysterium und seit jeher unergründlich – trotz unzählbarer Lovesongs, Beziehungsratgeber und Datingshows im Reality-TV. Und es wird noch komplexer: Elitepartner und Tinder, kollektive Einsamkeit, Ehe und Polyamorie, Boomer und GenZ, cis und queer – wie man lebt und liebt, das wird heute ganz neu gedacht, diskutiert und hinterfragt.
In der inklusiven und partizipativen Ausstellung love/love zeigen Künstler:innen Malerei, Chemigramm, Video, Installation und Performance zum Thema Liebe. Die Künstler:innen, ihre Positionen und Werke sind so vielseitig wie das Lieben selbst. In Talks und Künstler:innengesprächen und Führungen für Singles – und alle anderen – gestalten die Besucher:innen love/love durch ihre Anwesenheit mit. Das Künstlerhaus wird zur begehbaren Bühne.

Eröffnung

Marlene Apmann & Anja Bohnhof

Arrangierte Ehen sind in Indien verbreitete Praxis. In der urbanen Mittelschicht werden zunehmend aber auch Liebesheiraten geschlossen. Insgesamt zeigt sich in Indien ein wachsender Trend, die Hochzeitsfeiern als ein aufwändig gestaltetes Ereignis zu inszenieren; dabei werden die Veranstaltungsorte, große Hallen oder auch Zelte mit Hilfe von Kulissenarchitekten in indische Traumwelten verwandelt. Für diejenigen, die zu den Wohlhabenden zählen, kennt die Illusionswelt der Hochzeitsindustrie keine Grenzen. Das fotografische Projekt ist 2014 zusammen mit Marlene Apmann in Bangalore entstanden.
Der fotografische Fokus liegt auf der Kulissenarchitektur, aufgenommen vor oder nach den prunkvollen Feierlichkeiten. Der zweite Teil der Arbeit sind Porträts von verheirateten indischen Frauen, aufgenommen Monate bis Jahrzehnte nach ihrer eigenen Hochzeitsfeier. Gekleidet sind die Porträtierten in ihren Hochzeitssari und geschmückt mit ihrem Hochzeitsschmuck, soweit dieser noch vorhanden ist. Die porträtierten Frauen haben verschiedene religiöse Hintergründe und stammen aus unterschiedlichen Kasten. Alle leben in einer Ehe, in der manchmal Liebe Teil des Lebens geworden ist und manchmal nicht.

www.fotografie-marlene-apmann.de

www.bohnhofphoto.de
www.galerie-m.com/artist_image.php?aid=202&aname=AnjaBohnhof

Aleksandra Belic

Aleksandra Belics Herangehensweise an die Kunst ist ein spezifisch persönlicher Weg zum Universellen, aber die Spezifika kommen mit einer solchen Geschwindigkeit, dass die unapologetische und direkte Natur ihrer Malerei den Betrachter herausfordert. Die Künstlerin nutzt ihre eigenen Beziehungen und Erfahrungen als Inspirationsquelle, wobei der Fokus gerade neben dem Mittelpunkt der gesellschaftlichen Normen und Konformismen liegt. Ihre Arbeit folgt der Geschichte einer komplizierten Frau, die weibliche Zerbrechlichkeit und Stärke in einer Welt ausdrückt, in der die Lust gewinnt und die Liebe verloren ist.

www.aleksandrabelic.com
www.instagram.com/aleksandra.belic

Carl Brandi

Für die Ausstellung love/love hat Carl Brandi das Live-Rollenspiel Idunas Äpfel geschrieben und produziert. Es erzählt von wundersamen und erschreckenden Verbindungen zwischen germanischer Mythologie, Fussballromantik und Verschwörungstheorien. Durch Archäologie und Computerspielen entlehnten Mechaniken entsteht eine erlebbare Geschichte, die sich nahtlos in die Räume des Künstlerhauses und seine Umgebung einfügt. Plot und Umsetzung fühlen romantischen Grundbedürfnissen nach. Besucher:innen haben im freien Rollenspiel die Möglichkeit, ihren Gefühlen zu Zugehörigkeit, Verliebtsein, Jugendlichkeit, ihrer gesellschaftlichen idealisierung – und dem romantischen Verlangen, das sich Verschwörungsmythen bei ihren Anhänger:innen zu nutze machen – nachzuforschen.
Durch liebevoll gestaltete Requisiten und Kostüme werden die unwirklichen Behauptungen in Brandis Erzählungen vorübergehend real und brechen eine Bresche der Möglichkeiten und Phantasien in die Welt der Tatsachen. Zu love/love wird dieses Live-Rollenspiel an 3 Wochenenden und zum Finale für eine ganze Woche, an denen Performer:innen anwesend und im Spiel befindlich sind, um Besucher:innen jederzeit mit in die Erzählung zu nehmen, auf investigative Aufträge zu schicken und weitere Teile des Abenteuers entschlüsseln zu lassen.

www.instagram.com/libradranc

Birgit Brenner

Birgit Brenner (*1964 in Ulm) setzt sich inhaltlich und formal konsequent mit gesellschaftlichen Themen aus den Bereichen Ökologie, Ökonomie und Soziales auseinander. Dabei spannt sie einen weiten Bogen zwischen Themen wie Ungerechtigkeit, Zwang, Scheitern, Gewalt und Angst, Glücksversprechen, Überwachung und Diversität. In den letzten Jahren hat sie ihren Fokus zunehmend auf Themen wie Digitalisierung, Umwelt und Dystopie erweitert. Sie hat eine eigene, unverwechselbare Bildsprache entwickelt, die sich nicht auf ein Medium beschränkt. In Form von Stop-Motion-Filmen, die sie in den letzten Jahren geschaffen hat, entwirft Brenner mal subtil, mal direkt ein dystopisches Bild unserer Zeit, ohne jemals didaktisch zu sein. Was auf den ersten Blick schön und harmlos erscheint, wird einen Wimpernschlag später zur schmerzhaften Kritik. In ihrem 2020 entstandenen Film „Final Call“ thematisiert sie die gravierenden gesellschaftlichen Folgen der Entfremdung des zeitgenössischen Menschen und die rasant voranschreitende Zerstörung der Welt.

www.eigen-art.com/kuenstlerinnen/birgit-brenner/arbeiten/installationen

Yvonne Diefenbach

Yvonne Diefenbach verarbeitet stereotypes Bildmaterial erotischer Darstellungen des weiblichen Körpers. In ihrer spielerischen Herangehensweise lösen sich die Motive von vorgegebenen Klischees und entheben sich einem voyeurhaften, sexistischen Blick, in der die Figur stets ihre Souveränität beibehält.

www.yvonne-diefenbach.de

Tina Herchenröther

Tina Herchenröther verfolgt in ihren Arbeiten einen performativen Ansatz. Ihr körperlicher Ausdruck in Gesten und Posen findet sich als unmittelbares Vorbild in ihren Zeichnungen und Malereien wieder. Dabei geht sie eine besondere Verbindung mit Figuren der Popkultur ein, übernimmt deren Haltung und überschreibt gleichzeitig deren Identität mit den Mitteln der Zeichnung und Malerei. Herchenröthers unerschrockener Einsatz von Material und Technik bietet jedem Abbild genügend Raum für das Unerwartete und Intuitive. 1998 in Frankfurt geboren, lebt und arbeitet sie in ihrer Geburtsstadt.

www.atelier-goldstein.de/kuenstler/tina-herchenroether

www.instagram.com/ateliergoldstein

Klara Hobza

Aus dem Text Five sections for Klara Hobza von Gregory Volk:
"2003 wuchs Klara Hobzas Obsession für Samuel Morse und das Morsealphabet, das sie erlernte, und sie baute ein einfaches, selbst konstruiertes Lichtsystem, um ihre Botschaften hinaus nach New York zu morsen, somit eine im 19. Jahrhundert verwurzelte Fernkommunikation dem Leben im 21. Jahrhundert gegenüber zu stellen, das von dieser Art der Kommunikation überschwemmt wird, einschließlich Smartphones, SMS, Internet und sozialer Netzwerke. Wenig überraschend antwortete niemand; der Morsecode, einst von größter Bedeutung, ist auf dem Weg in Vergessenheit zu geraten. Unbeirrt machte Hobza weiter. Sie erhöhte den Einsatz und baute eine neue, größere Konstruktion, mit etwa 1.200 Lichtern und 30.000 Watt Strom, die sie im Lichthof des SculptureCenter in Long Island City installierte. Sie verwandelte das gesamte Dachgeschoss des Gebäudes temporär in eine blinkende, blitzende, leuchtende Kraft, kodierte Botschaften an die umliegende Stadt sendend, und da erhielt sie endlich ein paar Antworten; blinkende Autolichter, Autohupen, Taschenlampen und Lichter in Fenstern, von der sehr kleinen Gruppe von New Yorkern, die das blinkende Gebäude bemerkten und auch den Morsecode kannten."

www.soycapitan.de/artists/klara-hobza

Jody Korbach

Jody Korbach ist freischaffende Künstlerin und hat 2017 ihren Abschluss an der Kunstakademie Düsseldorf gemacht, wo sie bei Tal R, Christopher Williams und Johannes Paul Raether studierte. In ihrem Werk verhandelt sie die Grenzen des Sagbaren und das Aushalten negativer Emotionen. Ob politisch oder persönlich, geht es immer um die Selbstbeschuldigung und die Frage nach Heilung. Sei es dadurch, das auszusprechen, wofür man sich eigentlich schämt, oder endlich seinen Schutzraum in einem Kollektiv zu finden. Mit den Medien der Malerei, Zeichnung und Performance arbeitet Korbach sich am eigenen Scheitern der richtigen Positionierung ab und schafft dabei Arbeiten, die die Betrachter:innen selbst vor die Frage der eigenen Teilhabe am deutschen (und europäischen) Wesen stellen. Korbach ist Gründerin des Schützenkorps Europa, Mitglied der Kunstkomission Düsseldorf, sowie Vertretungsprofessorin für Freie Kunst und Kunstpädagogik an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg.

www.jodykorbach.de
www.petramartinetz.de/jody-korbach

Schützenkorps Europa

Glaube, Sitte, Heimat. Konventionen. Brüssel, Belgien. Nicht Genf, nicht die Schweiz. Polen, Ungarn, Bulgarien – aber bitte keine Z*******. Ukraine, Russland, Gas, Ölpreise. Volltanken und zulaufen lassen. Sich völlig wegspülen. Angespült werden. Endlich ankommen in klaren Strukturen und wissen, dass schon Leute auf dich warten.
Wir, das Schützenkorps-Europa glauben an die Würde des Lebens, an Gott, an die Politik und daran, dass der nächste Morgen nicht so schlimm wird, wenn man nicht durcheinander trinkt. An die gute Sitte: zur Titte, zum Sack - zack, zack. Und Heimat. Wissen wo man hingehört, wo man hingehen kann, wenn es einem schlecht geht. Heimat, wo man einig ist, wo Alltag ist, wo man Mensch ist, wo man einkauft, wo man einen Job hat.
Europa, Union, Zusammenhalt, Schengenräume, Abgründe, Abkotzen, Abfeiern, Solidarität und Trinkumlage. Uns scheißegal, wo wir an der Theke steh‘n: der Schützenkorps Europa lädt jeden dazu ein, neue Regeln und Strukturen für Europa zu finden. Sich mit uns im Exzess zu verbrüdern und zu verschwestern.
Wenn „jedes Jahr, 3 Tage lang nur Schützenfest feiern“ mehr Einheit schafft als die Idee von Europa, schlagen wir vor, wir setzen dort an.
Also setzt an, zieht leer.
Europa, Europa, gut Schuss!

www.schuetzenkorps.eu