Bereits zum zweiten Mal gastieren "gute aussichten - junge deutsche fotografie" im Künstlerhaus Dortmund. Das Fotograf:innen-Nachwuchsförderungs-Projekt wurde 2004 ins Leben gerufen und tourt seither erfolgreich durch die Welt.
Im Gegensatz zu 2006 werden diesmal ausschließlich Fotografinnen den Schauplatz am Sunderweg bespielen. Und zwar werden neue Arbeiten jener Damen gezeigt, deren Arbeiten in den letzten vier Jahren prämiert wurden.
* 1978, lebt und arbeitet in Frankfurt/Main
Die Fotografin zeigt Arbeiten aus ihrer Serie "Oceanworld", "einer Zone ewigen Glücks und immerwährender Jugend" (Heiner Blum).
(Gewinnerin des Wettbewerbs 2007/2008)
* 1971, lebt und arbeitet in Bremen
Christoffel entwickelt in ihrer Arbeit "Temporäre skulpturale Setzungen" (2007) eine Serie weiter, die während ihres Erasmus- Stipendiums 2003 in Reykjavik und ihrem dortigen Studium bei Roni Horn ihren Ausgangspunkt genommen hatte. Im Sonderangebot gekaufte Kartierungsnadeln waren der Auslöser für eine offene Serie, in der Claudia Christoffel diese Nadeln an Orten und/oder Objekten setzt, die in irgendeiner Weise mit den Stationen ihres künstlerischen Schaffens verbunden sind. Ein alltäglicher Gegenstand wird, dazu verwendet, künstlerische Eingriffe vorzunehmen. Im Falle der Nadeln sind diese Eingriffe temporär und flüchtig – nichts weiter als eine Spur, die an ihrem originalen Schauplatz häufig für das ‚große Publikum’ unsichtbar bleibt. Einzig die Fotografie zeugt von ihrem Vorhandensein. Seit 2006 hat sie diese Setzungen ausgedehnt auf die Büros verschiedener Kuratoren und Institutsleiter. In dieser Arbeit vermischen sich genreübergreifend das Moment der spontanen Aktion, das Entstehen einer skulpturalen Erscheinung, die fotografische Dokumentation, und schließlich die Zerstörung durch die Künstlerin selbst.
(Gewinnerin des Wettbewerbs 2005/2006)
*1975, lebt und arbeitet in Hamburg
Die Künstlerin begibt sich in ihrer Serie "ohne Titel" in die geheimnisvolle und immer noch romantisch verbrämte Welt des Meeres. In einer Zeit, in der es kaum noch ursprüngliche Naturräume gibt und auch die Meere der Welt zu Wirtschaftsräumen geworden sind, deren Ressourcen zunehmend rücksichtsloser ausgebeutet werden, umweht das Meer dennoch der Hauch der Freiheit und des Abenteuers. Die Bilder zu Annette Grotkamps Arbeit "ohne Titel" entstanden an Küsten, in Aquarien und in Naturkundemuseen. Annette Grotkamp begibt sich damit in teilweise reale und teilweise künstlich geschaffene Räume. In ihren Fotografien verschwimmen diese äußeren Parameter jedoch zur Unkenntlichkeit. Entscheidend ist nicht der spezifische Ort der Aufnahme, sondern die durch Licht und Perspektive erzeugte emotionale Anmutung. Ihre fotografischen Arbeiten leben von Stimmungen nahezu malerischer Qualität, womit sie die Grenzen zwischen wirklichen und imaginativen (Sehnsuchts-)Welten weitestgehend verwischt.
(Gewinnerin des Wettbewerbs 2007/2008)
*1973, lebt und arbeitet in Paris und in der Normandie
Bianca Gutberlet zeigt in ihrer Serie "Tausendschön" die Schattenseiten des Lebens in einer europäischen Großstadt auf, die in den Monaten Juli und August von allen Einwohnern, die es sich leisten können, nahezu fluchtartig verlassen wird. Für die annähernd 10000 Obdachlosen der Stadt bedeutet dies, dass auch öffentliche Duschräume, WCs und die Speisungen vieler Tafeln fast vollständig geschlossen werden. In einer Stadt, durch die alljährlich Millionen von Touristen pilgern, sind die Mieten wie Immobilienpreise in derartig astronomische Höhen geklettert, dass Obdachlosigkeit kein Phänomen von sozial Schwachen und Geringverdienern mehr ist. Im Schatten der Glitzerstadt mit weltberühmten Kulturdenkmälern leben immer mehr ‚Normalbürger’ auf der Straße und unterhalb der Armutsgrenze bei einem gleichzeitigen Leerstand von etwa 130 000 Wohnungen.
(Gewinnerin des Jahrgangs 2004/2005)
*1972, lebt und arbeitet in Köln
Die Fotografin verfolgt in ihren drei Ausstellungsbeiträgen den bereits mit ihrer Diplomarbeit "Projektion" eingeschlagenen Weg, bei dem sie die mittels variierender Montage- und Collagetechniken Fragmentarisierungen und Einschnitte in die homogene Bildfläche vornimmt. In ihren handgearbeiteten Werken verortet sie multidimensionale Ansichten im zweidimensionalen Bildraum der Fotografie. Vanessa Jacks Architektur- und Strassenansichten geraten so zu einem verwirrenden Vexierspiel gleichzeitig in Erscheinung tretender Bild- und Handlungsebenen, in denen der Betrachter schwerlich einen Standort bestimmen kann. Aus dem Nebeneinander verschiedener Perspektiven entstehen gleichzeitig nicht nur divergierende Bild- sondern auch unterschiedliche Zeitachsen. Damit zerlegt sie die Fähigkeit unseres Sinnesapparates, aus zweidimensionaler Wahrnehmung und der in Bruchteilen von Sekunden stattfindenden Messung der Entfernung zwischen Auge und Gegenstand ein dreidimensionales Bild zu generieren, buchstäblich in Einzelteile.
(Gewinnerin des Jahrgangs 2006/2007)
*1979, lebt und arbeitet bei Bielefeld
Irina Jansen operierte bereits für ihre Arbeit "Bild_Raum" (2006) an der Nahtstelle zwischen der Abbildung von Wirklichkeit und der Erzeugung fiktiver Raumbilder. In "Surrogate" entwickelt die Fotografin diese Technik noch einen Schritt weiter und erzeugt aus realen Texturen und Oberflächen digital komponierte Raumsituationen. Was auf den ersten Blick wie authentische Architektur- abbildungen in Erscheinung tritt, entpuppt sich allmählich als simulierte Raum- und Architekturkompositionen, in denen sich die Grenzen authentischer und virtuell erzeugter Raumbilder bis zur Unkenntlichkeit verwischen. Die Abbildung von Welt als Visualisierung von digitalen Rechenoperationen ist in vielen Teilbereichen unserer Kultur bereits Realität – wie sich die veränderten Erzeugungs- und Gebrauchsweisen von Bildern auf die Sozialisation und Akkulturation der kommenden Generationen auswirken wird, ist indes nach wie vor offen.
(Gewinnerin des Jahrgangs 2006/2007)
*1977, lebt und arbeitet in Berlin
Delia Keller, Gewinnerin des Jahrgangs 2005/2006, hat einen fremd klingenden Strassenname mit Hausnummer als Titel ihrer Arbeit gewählt und verortet uns damit unvermittelt in einem spezifischen Gebäude, das sich seiner beharrlichen Ereignislosigkeit zum Trotz als Ort des Geschehens offenbart.
Räume, Flure, Treppen, Fenster und Türen scheinen wie eingefroren in ihrer durch ständigen Gebrauch und mangelnden Erneuerung verschlissenen Präsenz. Der physikalische Zustand eines Gebäudes gerinnt zum Spiegelbild einer Gesellschaft im Transit zwischen einer niedergekämpften sozialistischen Diktatur und der Hoffnung auf allgemeinen Wohlstand in einem markwirtschaftlich orientierten System. Das Innere manifestiert sich im Äusseren. Alte wie neue Utopie scheinen auf als ein in mathematischen Formeln und verheissungsvollen Webadressen verborgenes Versprechen. Die zurückliegenden Träume von einer modernen Gesellschaft, die zugunsten einer einzigen, grossen Idee alle individuellen Unterschiede, Wünsche und Ziele nivelliert, ragt buchstäblich herein in die Jetztzeit und wirft die Schatten eines möglichen Scheiterns voraus. So schlummert hinter der sachlichen Darstellung der Fotografin ein Zustand des schwebenden Wartens, das scheinbar noch die letzten Winkel des Gebäudes dringt.
*1978, lebt und arbeitet in Berlin
Angela Kovács, Gewinnerin des Jahrgangs 2004/2005, führt den Betrachter in ihrer Serie "Wo muss ich noch mal hin?" in eine verrätselte Welt der Selbstinszenierungen. In szenografisch gestalteten Bildräumen, in denen entfernt das sinnlose Warten auf Godot anklingt, werden eine Reihe von düsteren Seelen- und Gemütszuständen geschildert, die von einem Auf- sich- Selbst- Zurückgeworfen- Sein berichten. Gedehnt ins Absurde zelebriert die junge Fotografin ihre eigene Sprach- und Bewegungslosigkeit: den Mund verklebt, den Körper wie eine Pfeilspitze in eine Ecke gerichtet oder in die Betrachtung eines Pseudosonnenuntergangs versunken... Eingefroren in die scharfen Kontraste zwischen Schwarz und Weiß überspannt eine sorgfältig ausbalancierte Spannung die narrativen Räume, was sich bei den Arbeiten von "Black Stills" in den spärlichen Arrangements der Objekte fortsetzt.
* 1972, lebt und arbeitet in Köln
zu "Höhere Mächte":
Die Höheren Mächte treten bedeutend auf:
sie sind was und zeigen das.
Hinter dem Schein vom Schwarz und Licht, stellt sich heraus, mischen sich die Dinge neu zusammen:
80 L Müllsack, dunkle Pappen, schwarze Latten.
Die Höheren Mächte machen auf dicke Eier.
Die Präsenz der Macht ist sehr fragil und der Vorhang des Scheins ziemlich durchsichtig.
Ein Glück, wir können uns entscheiden, die Macht so oder so zu sehen!
Und zu ihrem Film "Deterritorialisierung":
Die Suche nach der wahren Erkenntnis geht unterschiedliche Wege.
Übereinstimmung, Einswerdung ist ein Ziel.
Subversiv treibt Urkraft ihr Werk.
Haben wir eine Wahl?
(Gewinnerin des Jahrgangs 2004/2005)
*1979, lebt und arbeitet in Düsseldorf und London
Die Fotografin zeigt in ihrer Serie "alpha" fotografische Notizen von Bild gewordenen Details. Aus dem Strom des Erlebten bleiben – oft und ohne erkennbaren Zusammenhang, Sinn oder erkenntlichen Bezug zu ihrem Ursprung – Gedankenbilder in unseren Köpfen hängen. Werden Sie fotografisch notiert, entfernen sie sich zunehmend von ihrem Entstehungsort und bilden etwas Neues. Sie verselbständigen sich auf eine gewisse Weise, generieren eine andere Wahrnehmung und beginnen ein eigenes Leben. Auf diese Weise ordnen sie Beobachtungen und reflektieren das Geschehene neu.
(Gewinnerin des Jahrgangs 2007/2008)
*1978, lebt und arbeitet in Berlin
Die Künstlerin beschäftigt sich in ihren Bildern mit dem Thema der Auflösung und Dekonstruktion. Ihre Arbeit gerät damit zu einer Projektionsfläche tief liegender Seelen- und Gemütszustände. Da es weder die eine Wahrheit noch die eine Wirklichkeit gibt, sondern vielmehr zahllose Verschränkungen subjektiver wie objektiver Gegebenheiten und entsprechend sich verschränkende und überlagernde Wahrnehmungsräume, dienen Zerstörung und Fragmentarisierung als deren bildhafter Ausdruck. Kathi Schröder zerschneidet ihr Bildmaterial und setzt dieses wieder neu zusammen. So vollzieht sie materialhaft den Übergang von einer homogenen Form in eine heterogene Fläche – Dekonstruktion dient der Künstlerin als Instrument der tastenden Suche und (Selbst-)Befragung, die Zerstörung des Materials schafft die physikalischen wie geistigen Bedingungen eines Neubeginns. Auf diese Weise agiert sie als „Gedankenweberin“, deren Irrungen und Wirrungen wir betrachtend nachvollziehen können.
(Gewinnerin des Jahrgangs 2005/2006)