Künstler:innen, die subversiv agieren und Medien manipulieren. Künstler:innen, die Berichterstattung korrumpieren, Verschwörungen aufdecken und Konzernübernahmen planen.
Künstler:innen, die andeuten, in der Schwebe halten und Fallen stellen. Künstler:innen, die auf unsere Erinnerung zugreifen und Erwartungen untergraben.
Die Ausstellung "Hinterhalt" im Künstlerhaus Dortmund zeigt zeitgenössische Arbeiten aus den Bereichen Fotografie, Installation und Mixed Media. Aber seien Sie sich da mal nicht zu sicher.
Sarah Decristoforo spielt auf vielfältige Weise mit der Unscheinbarkeit des Ornamentes und der versteckten Botschaft. Ihre Arbeit »cache-cache« zeigt einen langen Wand- und Fensterüberdeckenden hellen Vorhang mit scheinbar dekorativem Muster. Bei näherer Betrachtung finden sich in der illustrativen Anordnung auf dem Stoff narrative Szenen menschlicher Gewalt.
White Memories ist eine Architektur-Reihe von post-9/11-Hochhäusern in New York City. Essers Gebäude wirken ungewöhnlich fragil, fast surreal. Sie wirken wie in weißen Staub einstürzender Hochhäuser gehüllt und werden zur Erinnerung ihrer selbst.
"Essers Werke sind formal derart reduziert, dass sie fast mehr künstlerische Grafik als Abbildung zu sein scheinen. Farben sind nur noch zu erahnen, das Objekthafte gewinnt die Oberhand - der Verlust von Information, das Auswaschen von Erinnerung wird in Licht gestaltet. Obwohl hier die Verschmelzung unterschiedlicher Bildmedien vorangetrieben zu werden scheint, so liegt die innere Logik der Arbeit jedoch nicht in ihren formalästhetischen Ansatz, sondern in Markus Essers poetischem Umgang mit Kamera und Erinnerung." (aus: Pressemeldung zur Arbeit, Design Productions GmbH, 2008)
Der lettische Künstler Ivars Gravleys arbeitete ein Jahr lang als Fotoreporter bei der tschechischen Tageszeitung "Denik". Bevor er seine Bilder am Ende des Tages einreichte, fügte er einigen mehr oder minder ausgeprägte digitale Manipulationen zu.
"Einerseits dekonstruiert Gravleys sowohl Autorität im Mediengeschäft wie Authentizität und Objektivität von Information, andererseits reflektiert er die Lebenswirklichkeit zeitgenössischer Künstler, die oft gezwungen sind, ihre kreativen Prozesse unterbrechen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen." (Milan Mikuláštík)
Isabel Haase schafft mit ihrer Rauminstallation »Bewohner« eine geheimnisvolle, intime Atmosphäre im Halbdunkel. Ein offensichtlich verlassener Raum, übersät mit Holzwolle, entpuppt sich durch akustische Signale als Hort heimlichen Lebens.
Die textile Figurengruppe "fall" von Sybille Hotz zeigt springende oder werfende Sportler, die um 180° gedreht aufgehängt wurden, so dass es den Anschein macht, als würden sie stürzen, fallen. Sie werden in der Momentaufnahme des Kontrollverlustes gezeigt - dem Sturz oder Fall als Synonym möglichen Scheiterns.
Die Arbeit von Nicole Knauer mit dem Titel „Strahlend schöne Dinge, Falling Clouds" ist ein Teil aus ihrem Projekt CURIOUS IMPLANTATION. Nicole Knauer schafft raumgreifende, überquellende Installationen. In akribischer Handarbeit werden unzählige weiße Kunststoff-Kabelbinder zu einer organisch wirkenden Oberflächenstruktur transformiert. Der Kabelbinder, oder Looppin, ein meist unbeachtete Gebrauchsgegenstand - besser bekannt auch als Elikettenfaden - begegnet uns millionenfach in unserem Alltag.
Die wolkenartige Skulptur mit ihren Geräuschen weist im Zusammenhang mit dem Titel "Strahlend schöne Dinge" ironisch und doppeldeutig auf die allgegenwärtige atomare Problematik.
»Die feindliche Übernahme von BP«, seit 2001, Installation, Aktion:
Ruppe Koselleck erstellt u.a. Objekte und Bilder aus Rohöl, gefunden an Schauplätzen globaler Ölkatastrophen. Mit dem Erlös dieser Werke versucht er, den international operierenden Konzern BP schrittweise zu kaufen. Im Künstlerhaus Dortmund richtet er zu diesem Zwecke ein temporäres Büro ein.
http://www.koselleck.de/bp_british1.html
Lars Laumann deckt detaillierte Zusammenhänge des The Smiths-Albums „The Queen Is Dead“ (1986) mit dem Tod von Lady Diana (1997) auf.
Michael Schäfer untersucht die visuelle Inszenierung von politischer Macht. Die großformatigen Tafelbilder seiner Serie "Vorbilder", welche die Tradition der digitalen Montage auf digitale, aber explizit sichtbare Weise fortführen, beruhen auf Fotos des Nachrichtenmagazins Der Spiegel. Auf der gescannten Grundlage dieser Bilder, den flächigen Bildräumen des gerasterten Magazinfotos, sind die eigentlichen Protagonisten der Aufnahmen durch andere Aufnahmen überblendet. Dem Fotografen dienen Privatleute als Modelle, die er entsprechend der originalen Gestik, Mimik und Kleidung des Fotos nachgestellt und ins ursprüngliche Bild wieder eingebaut hat. Schäfers Akteure verdecken nicht nur, sie brechen wie Figuren eines Halbreliefs aus dem Bildgrund aus, verlassen die von den Protokollchefs, Fotografen, Agenturen, Redaktionen gefilterte Realität des Geschehens und dekonstruieren durch ihre Re-Inszenierung die mediale Zuspitzung der den Bildern zugrunde liegenden Situation, ohne dabei die visuelle Dramatik des Bildes preiszugeben.
(aus: "Von Stereotypen und Ikonen" von F. Ebner zur Ausstellung "Rhetorik der Bilder", Museum für Photographie, Braunschweig, 2010)
Ariane Tillmanns Fotografien verweigern sich einer linearen Erzählweise.
Die Zusammenstellung der einzelnen Bilder wirkt zunächst sprunghaft und
willkürlich. Aus banalen, alltäglichen Bildern entsteht unterschwellig
eine verstörende, unheimliche Atmosphäre. Banalität und Unscheinbarkeit
werden subversiv in Frage gestellt.
Im Künstlerhaus Dortmund entwickelt Ariane Tillmann eine installative Anordnung
der Bilder an der Wand, die den fragmentarisch-narrativen Charakter der
Arbeit verstärkt.
Ursprünglich hatten das niederländische Künstlerduo WassinkLundgren (Thijs Groot Wassink, geb. 1981, und Ruben Lundgren, geb. 1983) eine ganz andere Arbeit im Sinn. Sie begannen eine Serie großformatiger Fotografien in Beijing und Shanghai, für die sie eine leere Plastikflasche als Fokussierhilfe benutzten. Schnell jedoch fanden sie sie jedesmal von Pfandflaschensammlern eingesteckt.
Sie machten daraus eine eigenständige Arbeit und legten daraufhin die Flaschen bewusst als Köder aus, um einen ganz eigenen Blick auf Rituale täglichen Lebens zu werfen.
Das Buch zu dieser Arbeit, "Empty Bottles", wurde 2007 mit dem Preis für das beste zeitgenössische Fotobuch beim Rencontres d'Arles Photographie Festival ausgezeichnet.
Marco Wittkowski fotografiert nachts urbane Orte, die ihm einsam,
trostlos und gewöhnlich erscheinen. In einem prozesshaften Verfahren
zerstört er dann das analoge Schwarzweißmaterial partiell. Mit Hilfe
dieser nicht steuerbaren Störungen ist es ihm möglich, unterschiedliche
Bildsegmente mehr oder weniger erkenntlich aneinander zu reihen. Additiv
lässt Wittkowski neue Bilder entstehen, in denen er Perspektive und
Logik manipuliert und Realität hinterfragt.