Acht künstlerische Positionen mit Schwerpunkt auf impulsgesteuerten Ansätzen, die das vordergründig Abseitige, scheinbar Nichtssagende in den Mittelpunkt stellen und sich gesellschaftspolitischer und kunsthistorischer Bedeutungsschwere elegant, spielerisch und humorvoll entziehen.

Eröffnung

Kira Fröse

Die Grenzen unserer Wahrnehmung sind verwaschene Konzepte – wir fühlen mit den Augen und sehen mit den Händen. Gleichzeitig ist unser Denken darauf fixiert, stur und gradlinig einzuordnen, was wir als fest umrissen betrachten. Wir verlieren bereitwillig die Ebenen dazwischen. 
In dieser Hinsicht sind die Arbeiten von Kira Fröse als Einladung zu verstehen, seinen Sinnen zu misstrauen und das Gewohnte neu zu interpretieren. Sie verbindet, was nicht zusammengehört, entreißt Gegenstände des alltäglichen Lebens ihrer Vergangenheit und transformiert sie zu Sinneinheiten mit eigenen Geschichten, die immerzu von Konfrontationen handeln: Zwischen dem Festen und dem Flüssigen, dem Starren und dem Dynamischen und letztlich von der Ästhetik und den abstoßenden Unregelmäßigkeiten. Zwischen den Zeilen entsteht die Gewissheit, wie sich zwei gegensätzliche Elemente konstituieren und dabei ohne einander überhaupt keinen Bestand hätten. 
So ist es dann auch mit dem Betrachter, der sich plötzlich nicht mehr sicher sein kann, was er betrachtet. Um das ungewohnte Gewohnte vollkommen zu begreifen, möchte man am liebsten die Hände ausstrecken und die Formen und Farben betasten und ehe man sich versieht, ist man selber Teil der Konfrontation geworden.

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Klaus Geigle

Geigles abgründige und melancholische Gemälde werden oft durch eine gesteigerte Künstlichkeit und augenzwinkernden Humor aufgelockert. Seine leeren und verlassenen Tennisplätze erinnern an die Jahre der Pandemie, als viele Orte des alltäglichen Lebens leer und ungenutzt blieben. Geigle zeigt darin, wie die Natur solche ungenutzten Flächen für sich zurückerobert und darauf floriert. 
In seiner neusten Werkgruppe integriert er jene Tennisplätze in Arnold Böcklins Gemälde Die Toteninsel aus den 1880er Jahren. Das bedeutende Werk des Symbolismus verliert auf diese Weise viel von seiner ursprünglich bedrückenden Wirkung und wird im Gegenzug um einen absurden Aspekt ergänzt.

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Andrea Lüth

„Andrea Lüth arbeitet in und mit fast allen Medien der Bildenden Kunst, in Video, Text, Musik, Installation, im öffentlichen Raum. Vor allem aber ist sie Zeichnerin und Malerin und sie übt als solche einen spielerischen Umgang mit der Kunst. Zwischen Ironie und Strenge durchbricht sie so immer wieder die Erwartungshaltung auf das Bild an sich. So ist auch eine Ausstellung das Medium, das ihrer künstlerischen Konzeption am nächsten kommt. Inhaltlich wie formal Widersprüchliches tritt da in Korrespondenz und Widerstreit und schafft eine turbulente Topografie im Raum. […] Gestische Fleckenmalerei trifft auf Grafisches und Text. Und alles ist in Ordnung. Deutlich wird […] auch das Zeichnen als intellektuelle Basis ihrer Kunst. Die Zeichnung ist, dass wissen wir seit Vasaris „disegno“ Begriff die spontanste aller Künste und sie kommt direkt aus dem Intellekt. In den Zeichnungen sind Andrea Lüths Bildideen schon vielfach angelegt und vorgedacht und sie kann sich ihres eigenen und täglich wachsenden Archivs bedienen. Damit erschafft sie sich die Freiheit in der Malerei, die letztlich verantwortlich ist für die Frische und Lebendigkeit ihrer Bilder. Sie sind keine Bilder der Behauptung, sondern bleiben immer auch irgendwie fragmentarisch.“ (Günther Moschig, freier Kunsthistoriker und Ausstellungskurator)

„Ich male ein Bild, dann baue ich eine Skulptur. Gestern Früh habe ich gezeichnet, heute tu ich nichts. Ich werde etwas kochen, am Abend vielleicht ein Bier. Ich zeichne ein Bild, dann male ich eine Skulptur, ich baue ein Bier, ich koche ein Daheim, ich nichtse in der Früh, ich vielleichte am Abend.“ (Andrea Lüth)

www.andrealueth.at

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Melanie Milo

Die Arbeiten von Melanie Milo zeichnen sich durch einen humorvoll-konzeptionellen Ansatz aus, der auf persönlichen Erfahrungen und der Dekontextualisierung alltäglicher Objekte beruht. In ihren Werkserien erforscht sie die Schnittstellen zwischen technischer Abhängigkeit und persönlicher Freiheit. Moderne Technologien nutzt sie als Ausgangspunkt für ihre künstlerische Reflexion. 
Mit der Serie Küche / Diele / Bad (Deborah) wendet sich die Künstlerin dem eigenen Wohnraum aus der Perspektive ihres Saugroboters zu. Die technische Art und Weise, wie der Roboter ihre Räume kartiert, steht in einem Kontrast zur persönlichen Bedeutung der dargestellten Räume. Hier werden Objekte wie Mülleimer, Toiletten und Duschen – gewöhnliche und oft unbeachtete Bestandteile des Alltags – durch den nüchternen Blick der Technologie zu grafischen Elementen, die den Betrachter mit einer neuen Sichtweise auf das Triviale konfrontieren.

www.melaniemilo.de

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Kerstin Müller-Schiel

Das Uneindeutige und Rätselhafte ist Thema in der Malerei und den Keramikobjekten von Kerstin Müller-Schiel, auf dieser Grundlage setzt sie ihre Ideen und Vorstellungen zwischen Figuration und Verfremdung um. Neben der Lust an Verfremdung und Transformation durchzieht das Ausloten von Materialien, Malmitteln und Techniken das Werk von Kerstin Müller-Schiel. Fotografien, Magazinbilder und gefundenes dienen dabei als Vorlage, um die Figuren der Vorlage zu verwandeln und sie in ihren eigenen Bildkosmos zu entrücken. Die Identitätslosen Figuren, Portraits oder Fragmente fordern den Betrachter heraus und bleiben doch rätselhaft, unverrückbar und still entziehenen sie sich einem Dialog. Ihre Tonarbeiten bilden eine Ergänzung zu ihrem malerischem Werk. Man sieht Mischwesen, verfremdete Körper oder Fragmente aus glasierter oder teilglasierter Keramik.

www.mueller-schiel.de

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Klaus Sievers

Als ich eingeladen wurde, mir die Ausstellungsräume des Künstlerhauses Dortmund anzusehen, fand ich auf meinem Weg dorthin kurz vor dem Eingang auf dem Gehweg ein Orangenbonbon. Es war lustig und bunt, irgendwie im Stil der 70er Jahre, und lachte mich an. Ich wusste sofort, dass es Teil meiner Ausstellung werden würde.
Meine Kunst entsteht aus Begegnungen. Es sind die kleinen Dinge die mich überraschen und berühren. Manchmal fällt mir schon oft Gesehenes erst richtig auf, manchmal bekomme ich etwas geschenkt und erinnere mich später an diesen Moment.
Erst wenn eine Geschichte entstanden ist, kann ich die Dinge in Malerei übersetzen. Dann habe ich Spaß daran, sie ins rechte Licht zu setzen, ihnen eine Bühne zu bereiten, ihre Oberflächen zu beobachten und ihre Beschaffenheit wiederzugeben.

www.klaus-sievers.de

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Wolfgang van Triel

Urbanität, das sind Orte, Plätze, Straßen, Häuser, Gebäude, Parks. Sie sind soziale Körper, wie eine zweite Haut des Menschen in seiner räumlichen Verankerung. Urbanität ist die Identität einer Stadt, aber auch ein Lebensgefühl. Wolfgang van Triel geht in seinen Fotoserien auf Entdeckungsreise nach diesem Lebensgefühl. Themen der Fotoserien sind Wandel und Vergänglichkeit, Identität sowie Schönheit, Klarheit der Form und Komposition. Die Poesie des Alltags, die Ästhetik des Zufalls und die Achtung vor der Würde, die allen Dingen innewohnt, die uns begegnen können, sind die treibenden Kräfte bei der Bildfindung Wolfgang van Triels.

www.wolfgangvantriel.wordpress.com

Anna Vasof

Anna Vasofs Werke sind durch ihren Witz und spielerische Subversion universell zugänglich. Ihre Kunst ist in authentischen Experimenten verwurzelt und erforscht die grundlegenden Mechanismen von Bewegung und Zeit. Sie nähert sich jedem Konzept von Grund auf neu und stellt grundlegende Annahmen aus ihrer einzigartigen Perspektive infrage. Durch die Auseinandersetzung mit Alltagsgegenständen – Schuhen, Besen, Töpfen und mehr – deckt sie soziale Paradoxien auf und lädt uns ein, die vertraute Welt aus einem unerwarteten Blickwinkel zu betrachten. Ihre Werke öffnen Türen zu neuen Perspektiven und verbinden Humor mit Einsicht, um die überraschenden Wahrheiten des Alltags sichtbar zu machen.

www.annavasof.net

www.instagram.com/annavasof

Banality Control

14. Dezember 2024 - 19. Januar 2025

Preview / Kuratorenführung
Freitag, den 13. Dezember, 17.30 Uhr

Eröffnung
Freitag, den 13. Dezember, 19 Uhr

Künstler:innen:
Kira Fröse
Klaus Geigle
Andrea Lüth
Melanie Milo
Kerstin Müller-Schiel
Klaus Sievers
Wolfgang van Triel
Anna Vasof

Kurator:
Dirk Pleyer

Abbildungen Werke: © die Künstler:innen
Fotos Eröffnung: © Philip Michael

Freundlich unterstützt durch:
Kulturbüro Dortmund

Lesung & Kuratorenführung
Worauf wartenLesung mit Klaus Sievers
Banality Control – Kuratorenführung
5. Januar, 15 Uhr