Die Ausstellung zeigt 10 internationale künstlerische Positionen. Architekturbezogene und konzeptionelle Arbeiten, Rauminstallationen und digitale Medien, Malerei und Zeichnung sowie eine partizipatorische Position.
Die Kuratorinnen (Anett Frontzek, Maria Schleiner und An Seebach)  interessieren sich für Kunstwerke, die sich durch das Implementieren von ornamentalen Strukturen im weitesten Sinne (Wiederholung, Rapport, Veredelung, Muster) auszeichnen. Im Zentrum des Interesses steht weder das Ornament als schmückendes Beiwerk noch das Ornament als ein vordergründig erkennbares System von Wiederholungen auf mathematischer oder konstruktiver Ebene. Den Schwerpunkt der ausgewählten Positionen bilden vielmehr künstlerischen Arbeiten, die auf die Untersuchung von ornamentalen Strukturen ausgerichtet sind, aber auch konzeptionelle Positionen, die trotz oder gerade wegen der Verwendung von ornamentalen Gestaltungsmitteln eine politische oder gesellschaftskritische Dimension erreichen.
Jede ausgewählte Position stellt einen unverwechselbaren künstlerischen Standpunkt dar, der ornamentale Strukturen benutzt, um individuell gewählte Inhalte zu transportieren.
Alle in der Ausstellung präsentierten Arbeiten korrespondieren miteinander. Sie führen ein Gespräch, kommunizieren in ornamentaler Geste.

pip & pop (Nicole Andrijevic & Tanya Schultz)

Unter dem Label "pip & pop" arbeitet  die Australische Künstlerin Nicole Andrijevic gemeinsam mit ihrer Künstlerkollegin Tanya Schultz an spektakulären Installationen aus eingefärbtem Sand und Zucker. Seit 2007 entstehen raumfüllende Zuckerlandschaften - riesige Miniaturuniversen aus diesem ungewöhnliche Material. 
Die Installation im großen Ausstellungsraum des Künstlerhauses knüpft an die alte Tradition der Sandmalerei an, insbesondere an die ritualisierte Form der Sandmandalas im Tibetanischen Buddhismus. Die Künstlerinnen begreifen sie als eine Referenz an das buddhistische Konzept von der Unbeständigkeit der Welt. So spitzt sich hier die buddhistische Meditation, die ursprünglich das Erlangen des von Begierde befreiten Nirwana zum Ziel hatte, mit Bildzitaten der Popkultur und inmitten unserer Konsumgesellschaft zeitgenössisch zu.

www.pipandpop.org
www.noise.net/nicoleandrijevic

Martina Becker

Mit ihrem partizipatorischen Projekt G.O.L.D. spielt die Berliner Künstlerin Martina Becker im Ausstellungskontext eine ganz besondere Rolle: Sie involviert die Anwohner der Dortmunder Nordstadt ganz direkt in die Wertediskussion. Im Gewerbeleerstand Scharnhorststraße-Ecke Blumenstraße nimmt sie aktiv mit den AnwohnerInnen Kontakt auf. Ein Aufruf zur Mitwirkung durch Sachspenden wird in die umliegenden Haushalte verteilt, G.O.L.D. sammelt nicht mehr benötigte Gegenstände - die meisten von ihnen wären in der Mülltonne oder auf dem Sperrmüll gelandet. Dank der großen Schaufenster des Ladenlokals können die Anwohner dann in einem Zeitraum von 14 Tagen den Wertewandel beobachten: langsam aber sicher transformiert Becker den banalen Ort in einen strahlenden Gral - eine güldene Schatzkammer. Die Anwohner werden neugierig, erkennen ihre Spende kaum wieder, haben Lust an der Neubewertung mitzuwirken und gemeinsam mit der Künstlerin am Goldmachen zu arbeiten.

www.martinabecker.de

Parastou Forouhar

Die Ornamente der Iranischen Künstlerin Parastou Forouhars sind pure Brutalität, sie bestehen aus Messern und männlichen Geschlechtsorganen, entpuppen sich als Folterszenen und Mordgelüste. Die trügerische Oberfläche des Ornaments, das alle Unterschiede scheinbar harmonisiert, ist zentrales Thema der Kunst Forouhars.
Auf Stoffmustern in altrosè der Serie „Eslimi“, was Ornament bedeutet, finden sich sehr fleischliche Symbole: die feinen Muster erweisen sich als stilisierte Geschlechtsteile, die sich abwechseln mit scharfen Gegenständen wie Messer und Zangen. Mit diesen Stoffen, die der Betrachter aus einem Musterbuch aussuchen kann, wie es etwa in Möbelgeschäften üblich ist, kann man sich nicht behaglich einrichten. Die Märchen aus „Tausendundeiner Nacht“ werden in einer Tapete ans grelle Licht des Museums gezerrt: Tausendundein Tag. Nicht harmloses, schönes Ornament, sondern Darstellungen der Folter finden sich darauf. Die comicartigen gesichtslosen, computergenerierten Figuren auf der Tapete werden in ihrer Stilisierung zu einer eigenen ornamentalen Sprache, zu Schriftzeichen der Gewalt. Sie werden immerfort wiederholt und entsprechen insofern den Gestaltungsprinzipien von Tapetenmustern. Die Serie der Grausamkeit reproduziert sich immer wieder. (Zitate: Alexandra Karentzos - Verortungen der Kunst, 2003)

www.parastou-forouhar.de

Gunilla Klingberg

Rohmaterial der Arbeiten von Gunilla Klingberg sind Logos und Signets von Lebensmittelketten und die Aufdrucke von Massendiscountern. Die Künstlerin verändert die austauschbaren Logos der Ladenketten wie Aldi, Lidl und Spar und gestaltet daraus ornamentale Muster, die sie in Raum- bzw. Wandinstallationen und Videos oft kaleidoskopartig verwendet. In dieser Ausstellung wird das “Repeat Pattern Tape” (2007) - ein Endlos-Ornament-Klebeband - für den Hausgebrauch an die Besucher verkauft.

www.gunillaklingberg.com

Tom Korn

„Egal, wo Sie sich aufhalten, die Standardisierung der Umgebung schreitet voran. Man bewegt sich, aber es sieht aus wie zuhause.“ (Tom Korn, Flauschiger Realismus, 2010) Aber in Tom Korns Arbeiten werden die Fassaden zum Streicheln schön. Ein Detail der Architektur präsentiert sich als interessantes Muster von flauschigen Farbflächen. Er übersetzt die Fassaden der wirtschaftsästhetischen Innenstadtmöblierung in Intarsienarbeiten aus Velourteppich. Rund 300 verschiedenen Farben stehen produktbedingt zur Verfügung. „Vor allem zwischen Grau und Blau ist ein breites Farbspektrum im Angebot, den Farben von Sichtbeton und Ostseehimmel.“ (Tom Korn; Flauschiger Realismus, 2010)

www.tomkorn.de

Pauline Kraneis

Der öffentliche Raum, den Pauline Kraneis zeichnet, besteht aus Autobahnkreuzen, Verkehrsinseln und Rolltreppen. Der private Raum ist geprägt von Parkettböden, Teppichen und Gardinen, die sich scheinbar nie wellenfrei über private Fußböden erstrecken oder den Blick sowohl ins Private als auch in den öffentlichen Raum versperren. Zum einen vertritt sie in der Ausstellung eine klassische zeichnerische Position, zum anderen gilt unser besonderes Interesse den Werkzyklen, in denen sie sich mit Teppichen beschäftigt. Im Sujet des Teppichs wird das ornamentale Spiel der Form aufgegriffen und auf einen Kulturkreis verwiesen, in dem das Ornament traditionell beheimatet ist.

www.paulinekraneis.de

Regula Michell

Regula Michells Ornamente befinden sich in langsamer aber ständiger Bewegung. Die Ornamente bestehen aus aus sorgfältig komponierten Einzelbildern oder Videos und werden im Bezug zum Kontext (Ort und Raum) entwickelt. In diesem Sinne sind ihre Ornamente orts- und / oder situationsbezogen. Regula Michell unterscheidet zwei Arten bewegter Ornamente. Moving Ornaments (MO) sind „Bilder“, und werden quadratisch oder rund auf die Wand projiziert. Die „Allovers“, Wallpapervideos (WPV) sind installative Arbeiten, die tapetenartig und wandfüllend auf die Wand oder die Installation projiziert werden. Die scheinbare Ordnung des Ornaments wird durch die Bewegung aufgelöst die zuvor erkannte „Grammatik“ von Struktur, Farbe und Rhythmus verwandelt sich kontinuierlich und kaleidoskopisch in endloser Metamophose. Regula Michells Interesse gilt den Schnittpunkten von Ordnung und Auflösung.

Karl Möllers

Karl Möllers nutzt ornamentale Strukturen seit 1999 in seiner künstlerischen Arbeit, die im Schwerpunkt Malerei und Zeichnung ist - zuweilen aber auch Kleinplastiken als Medium hinzunimmt. Das fast alle Malereien überlagernde System von ornamentalen Mollusken ist nicht „das Produkt einer malerischen Idee, sondern das Ergebnis einer Formvervielfältigung, die durch Schnitte in gefaltetes Packpapier entsteht und den Überraschungseffekt und die verblüffende Perfektion einer kindlichen Bastelei spielerisch nutzt. (Zitat: Beatrix Nobis, Im Zwischenraum - zu den Arbeiten von Karl Möllers, 2003)
Am Anfang der Bilderfindung steht dieses grob geschnittene Ornament. Karl Möllers nimmt es immer wieder zum Anlass für eine malerische oder plastische Problemstellung, die sich offenbar vielfältig und sichtbar mit einigem Humor lösen läßt - nicht zuletzt auch dadurch, dass der Maler sich einfach darüber hinwegsetzt. Für die Ausstellung „Die ornamentale Geste“ erarbeitet Karl Möllers eine ortsbezogene Komposition aus Malerei und Objekten.

Achim Zeman


Bei keiner der vorgestellten Arbeiten ist man so sehr unweigerlich mitten im Werk, hineingezogen - auch körperlich - in das Bild. Achim Zeman arbeitet mit dem uns umgebenden Raum, verändert ihn aus Sicht des Malers mit den entsprechenden Mitteln Form und Farbe. Der vorhandenen Architektur wird ein konsequenter Überzug  gegeben.  Durch diese Radikalität wird alles verändert, ganz leicht wie es scheint, ganz kompliziert ist es. Nicht einmal etwas Dreidimensionales wird dem Raum hinzugefügt, nur relativ unkörperliche flächige, farbige Form. Kein Dekor, kein Ornament, im Sinne der Verschönerung wird hinzugefügt, aber mit malerischen Mitteln ein ästhetischer Sog provoziert.
„Wenn wir von etwas angezogen werden, scheint sich der Raum um uns herum aufzuladen. Unsere Wahrnehmung beginnt sich zu konzentrieren, und mit wanderndem Blick suchen wir nach dem Grund für den diffusen Sog. Anziehung kann von Menschen, Orten oder Ereignissen ausgehen. In Achim Zemans Installationen ist es kein bestimmter Gegenstand, der unsere Aufmerksamkeit fordert, sondern wir erfahren etwas von der Form der Anziehung selbst: von der Bewegung des Sehens, über Abstände und Entfernungen, Relationen und Perspektiven, über Räume und Grenzen. [...]“ Karin Wendt

www.achimzeman.de