„Jedes einzelne Foto ist ein Stück Welt.“ (Susan Sontag)
Ein Foto suggeriert Wirklichkeit. Ihm wird mehr Glauben geschenkt als der Malerei.
Was aber ist die Fotografie? Banal formuliert ist sie zunächst die Reduktion dreidimensionaler Dinge auf eine Fläche. In der Fläche ist die Position des Betrachters, sein Standpunkt fixiert.
Die Fotografie bildet nicht nur Dinge ab, sondern besteht manchmal nur aus der Wiedergabe von Licht und Schatten. Dennoch gilt sie stets als Referenz der Wirklichkeit.
In der Ausstellung wird untersucht, wie KünstlerInnen die Fotografie buchstäblich benutzen und versuchen, sie vom Referenzglauben loszulösen oder mit dem Verhältnis zwischen Repräsentiertem und Medium spielen.
Die Darstellung von vermeintlicher Realität und deren Verfremdung, das Aufgreifen fotografischer Herstellungsprozesse und die Übertragung von Fotografien in andere Medien, wie Video und Installation, sind Themen der Ausstellung „Using Photography – Fotografie benutzen“.
Es werden Werke gezeigt, die im wörtlichen Sinne die Fotografie als Vorlage benutzen oder fotografische Herstellungstechniken aufgreifen, aber auch Arbeiten, die den Arbeitsprozess als solchen thematisieren oder im Imdahlschen Sinne die Frage aufwerfen: "Was ist eine Fotografie?"
Oliver Boberg konstruiert Modelle. Die Vorlagen stammen aus seinem umfangreichen Fotoarchiv, aus dem er Details, Farben und Strukturen auswählt und zu einer stereotypen Architektur zusammensetzt. Die Arbeiten thematisieren die Unorte unserer direkten, urbanen Umgebung.
Monika Brandmeiers Arbeit „Formatting Blick“ zeigt banale und schlichte Materialien. Das Motiv wird von vier kleinen eckförmigen Objekten gerahmt. Sie erinnern an die Ausschnittmarkierung beim Blick durch die Kamera. Das Arrangement wird aus zwei weiteren Perspektiven gezeigt. Der Ursprüngliche Rahmen verschiebt sich und „zerfällt gleichsam in den Raum“. (Ludwig Seyfarth)
Im Kurzfilm „Zweisein“ gebraucht Yoko Dupuis Aufnahmemuster, die eher in der Fotografie zu Hause sind. Die Einstellungen muten teilweise wie Standbilder an. Die Arbeit thematisiert die körperliche Zweisamkeit, aber auch die Gleichzeitigkeit teils widersprüchlicher Sehnsüchte, Bedürfnisse und Empfindungen des Einzelnen. Jeweils abwechselnd folgen Bilder, deren verschiedene Farbigkeit und Helligkeit die Stimmungen der beiden Teile des Films wiedergeben.
Erhard setzt nicht nur Bilder aus einzelnen Objekten zusammen, sondern faltet und übersetzt sie auf diese Weise ins Dreidimensionale.
Johannes Gramm fotografiert ihm gut bekannte und vertraute Landschaften. Im Atelier, am Rechner bearbeitet er die Bilder und intensiviert sie. Bei längerem Hinsehen wird deutlich, dass hier mit der Wirklichkeit gespielt und ein Bild konstruiert wird, das eben nur eine große Ähnlichkeit zur Realität besitzt.
Gudrun Kattke arbeitet mit gefundenen Fotografien, meist Resten aus Fotolaboren, die sie zu Collagen montiert. Gefundene und eigene Fotografien werden von Ulrich Haug in mehreren Schichten in Wachs eingegossen. Dadurch entstehen Arbeiten in verschiedenen Schichten, die mit dem einfallenden Licht sowie der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit der Motive arbeiten. Die pigmentierten Wachsflächen, die abschließend aufgebracht werden, entstehen formal aus den Fotomotiven, verbinden oder trennen sie, decken Motivteile ab und fokussieren so bestimmte Bereiche im Bild.
In der Arbeit „Kidnapping the Sky“ von Claudia Mai werden gewöhnliche Bildmotive digital aufgenommen und durch eine spezielle Bearbeitungstechnik manipuliert, z.B. durch das Öffnen mit artfremden Programmen und das Umcodieren der digitalen Grundlage. Es entstehen Fragmentierungen, Wiederholungen, Muster und digitale Strukturen, die zwar durch die eingesetzte Technik in gewisser Form antizipiert werden können, in letzter Konsequenz jedoch experimentell und unerwartet bleiben.
Mauch reiht teils identische teils sich ähnelnde Teile einer Fotografie aneinander. Struktur entsteht, ebenso Reihung und nur nach und nach wird die Technik ablesbar.
Die Arbeitssituation sieht wie folgt aus: Ein abgedunkelter Raum, eine Lichtquelle, ein Scanner und die Künstlerin Juliane Schmidt, die nach einem bestimmten Rhythmus den Raum durchquert und zwischen Lichtquelle und Scanner steht. Während des Scanvorgangs bleibt die Abdeckung des Gerätes geöffnet. Auf dem Glas befindet sich nichts. Der Scanner fragt in den Raum. Die Antwort ist Struktur.
Inspiriert u. a. von Peter Handkes Theaterstück „Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten“ zeigen Bernhard Timmermanns Montagen das Geschehen während einer Stunde an einem bestimmten Ort.
Angelika TrojnarskisWerk beginnt im Ungefähren einer Idee zu einem Ausstellungszyklus, die
nach einer umfassenden Literatur- und Bildrecherche zur groben photographischen Collagen reift.
Manchmal in wenigen Wochen, oft in monatelanger Kuration und Komposition nehmen die späteren Gemälde ihre vorerst photographische Gestalt an; diese vereinen collagistische Merkmale mit einer kräftigen und mit Geschwindigkeit vorgetragenen Malerei.
Trojnarskis Motive thematisieren technische und zivilisatorische Errungenschaften des Menschen, die sich zwischen Dysfunktionalität und neuer Zweckmäßigkeit bewegen.
Stig Marlon Weston stellt in seiner Arbeit „Playground/District 12“ überdimensionale Fotogramme her. Er benutzt eine speziell hergestellt Box, in die er fotoempfindliche Filmstreifen von der Rolle einlegt und diese direkt belichtet. Nachts geht er auf Kindheitspfaden durch einen bestimmten Teil Oslos und fängt mit der 120 cm großen Filmbox das was sich zwischen Box und Lichtquelle stellt als Schatten ein.
Mittels eines gewöhnlichen Scanners fotografiert und schichtet Markus Wirthmann scheibchenweise die beiden konkurrierenden Wiener Schokoladentorten von der Firma Sacher und Demel und stellt so eine Art Torten-Tomografie des jeweiligen Marmeladenkuchens her.
Die Arbeit „Cottasure“ von Frank Zitzmann besteht aus zwei Teilen; einem Fundstück, das er nachbaute und einer Malerei, die er nach einem Foto anfertigte. Schroff zusammengezimmert ergänzen sich Part eins und zwei zu einem Bild, das sich von der Wand löst.