Die auf einer Ausschreibung basierende Gruppenausstellung „Keine Zeit“ soll es ermöglichen, auf einem Rundgang in unter 60 Minuten eine möglichst facettenreiche Bandbreite von Videoarbeiten zu erleben. Neben generell Interessierten und Cineasten sollen auch gezielt Video-Phobiker dazu anregt werden, sich auf die Möglichkeiten des bewegten Bildes einzulassen. Die präsentierten Videokunstformate und -installationen sind durch ihre kurze Laufzeit für den Besucher schnell erfassbar und machen in einer Stunde eine möglichst hohe Anzahl von unterschiedlichen multimedialen künstlerischen Herangehensweisen erfahrbar und sollen so allerlei Vorbehalten und Hemmungen vorbeugen und natürlich auch unterhaltsam sein.

Ankabuta

Die Kunst ist wie ein klarer See.
Das Aussehen von diesem See (also die Kunst) ist ganz normal, klar, schön
und man kann es einfach so anfassen, sogar damit spielen.
Aber wenn man ein bisschen, ein bisschen ins Innere vordringt,
ist er so tief und irgendwann gibt es da Grenzenloses.
Ertrunken...
Im Moment suche ich gute Kiemen.
Die sind total wichtig, um tiefer in das Innere zu gehen.
Deshalb bin ich hier, irgendwann werde ich da ankommen. Hoffentlich...
Ankabuta 2004

Sven Bergelt

Auf einer weißen Bildfläche laufen Ameisen umher. Eine feststehende Kamera beobachtet die Bewegung der Tiere aus der Vogelperspektive. Das Flimmern des Fernsehbildschirmes wird umgangssprachlich als Ameisenkrieg bezeichnet und findet in dem Video "Noise" eine Darstellung mit lebendigen Protagonisten. In der medialen Repräsentation werden die Ameisen zu wimmelnden Akteuren, die ein beklemmendes Gefühl hinterlassen.

Barbara Dévény

Ein Mann und eine Frau erzählen vom letzten Tag ihrer Beziehung.

Karin Felbermayr

Seit Beginn ihrer Videoperformances (2005) hat sich Karin Felbermayr vorrangig mit dem Thema Maskierung zwischen Verbergen und performativem Ausfüllen auseinandergesetzt. Mit ihrem über die Jahre kontinuierlich entwickelten Vokabular entstanden Serien unterschiedlicher Medium/Form-Relationen, die der Tradition postideologischer, antiautoritärer Praktiken nahe stehen. In Konsequenz einer kritisch-postavantgardistischen Selbstpositionierung spielen in ihrer Arbeit Paradoxien eine für die Form entscheidende Rolle.
"Person #8" verbindet konzeptuell Video und Performance zu Videoperformance. In dieser Arbeit performt Felbermayr wiederholt eine Choreografie verschiedener Gesten, Posen, die sie der Parfümwerbung entnahm. Mehrere Masken kommen zum Einsatz: weiße Theaterschminke, Reflektorstreifen, Papierstreifen, Rechteck, technische Maske (Keying), farbiges Licht, usw.

Jeanne Fredac

Jeanne Fredac ist Landstreicherin und Autodidaktin. Sie folgt keinem Weg, weil es für sie keinen gibt. Sie versucht, spielt, forscht in den Situationen, denen sie begegnet. In ihrer Fotografie, Videokunst, Malerei und in ihren Texten ergründet sie das Verhältnis des Menschen zu seinen geografischen, historischen und sozialen Räumen. In einer Welt, in der ständig nach Antworten gesucht wird, ohne sich zu fragen, ob die Fragen sinnvoll und die Voraussetzungen richtig sind, will sie das etablierte Denken wegfegen. Dies gilt für sie selbst. Sie weigert sich, ihre Arbeit auf die Fotografien der Verlassene(n) Orte, die man von ihr kennt, zu beschränken. Ihre Werke, ursprünglich fast ausschließlich bestehend aus Fotografien und Texten und räumlich begrenzt, erweitern sich. Sie fügt ihre Kosmogonie hinzu mit Malerei und Objekten, die Arbeiten werden zunehmend konzeptioneller und vertiefen die Kritik an der Konvention. Jeanne Fredac hat in Frankreich, Deutschland, Italien, den USA und Dänemark ausgestellt.

Johannes Gramm

Das Video ist zum einen ein gescheiterter Portraitversuch der heiligen Mutter Gottes und zum ein anderen ein Selbstportrait als kurze Sequenz. Christiane Kuhlmann schreibt über meine Arbeiten: „Es gibt zwei Dinge, die in unserer Kultur und Gesellschaft mit einer ähnlichen magischen Beweiskraft ausgestattet sind, nämlich die Unterschrift und die Fotografie. Mit der einen bürgt der Unterzeichner mit seinem handschriftlichen Namen für die Richtigkeit eines Sachverhaltes. Kein Dokument hat Gültigkeit ohne diese Signatur, die bezeugt, daß man wahrhaft etwas in Händen gehalten hat. Die Fotografie funktioniert da vergleichbar, denn sie erzählt, daß der Gegenstand auf der Bildfläche zumindest für den Bruchteil einer Sekunde, vor der Linse anwesend war. Die Fotografie legt fest, daß die Person auf dem Bild sie selber ist oder der Zustand zu einem spezifischen Zeitpunkt so und nicht anders ausgesehen hat. Roland Barthes hat das in der Hellen Kammer ausgeführt, in einer Zeit, als die digitale Fotografie noch nicht zu denken war. Aber bis heute ist die Vorstellung vom Belegcharakter des Mediums und die ihrer Authentizität, wenn man so will, nicht aus unseren Köpfen verschwunden.“

Simone Häckel

Zentraler Aspekt von Simone Häckels künstlerischer Arbeit sind menschliche Unzulänglichkeiten und Unvollkommenheit.
In ihrem Video "Unverblümt" umkreist sie ein Blumenbeet, um es anschließend zu zerstören.

Heidi Hörsturz

Heidi Hörsturz arbeitet in den Bereichen audiovisuelle Performance, Video und Klangkunst. Ihre Arbeiten wurden auf internationalen Ausstellungen und Kunstfestivals präsentiert. Ihre Live-Shows und Installationen kombinieren zeitgenössische Kunst und die Ästhetik moderner Trashkultur. Sie veröffentlichte eine Reihe von limitierten Klangkunst-Schallplatten und Audio-Kassetten, die die Verbindung von Geräuschen, künstlicher Überstimulation und visueller Assoziation untersuchen.
Ein thematischer Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in dem Verlangen der gegenwärtigen Gesellschaft, Überstimulation in ständig kürzer werdenden Zeitabständen zu erfahren. Die Verweigerung der Selbst-Reflexion mittels audiovisueller Gehirnattacken repräsentiert das Streben nach einer künstlich konstruierten Welt. Ein digitaler Orgasmus, der die emotionale Beziehung zur natürlichen Umwelt überdeckt.

Stefan Hurtig

Heidi Klums mit leichten Variationen immer wiederkehrender Satz „Ich habe heute leider kein Foto für dich.“, der das Ende des Modeltraums bedeutet, wurde von Stefan Hurtig als O-Ton gesammelt und collagiert. In der Videoarbeit "Challenge (Leider kein Foto)" von 2012/14 als Endlosschleife geloopt, wirken die Worte wie ein zeitloses Mantra. Das von Hurtig synchron zum Ton gefilmte Bild zeigt ikonisch rote Lippen, die sich vor einem schwarzen Hintergrund bewegen, wobei sich der Monitor, der an einer schwarzen Kette befestigt ist, unentwegt dreht. Ein wunderbares Bild eines in Ketten gelegten Fernsehens, gefangen in seinen eigenen Strukturen!
(Sarah Waldschmitt, Auszug aus dem Katalog TeleGen)

Jungwoon Kim

Die Räume in meiner Arbeit sind schwankend und unstet. Bewegungen, beispielweise in Form von Flüssigkeit oder Variabilität, sind trotz verschiedener Medien wie Animation, Plastik und Installation immer Teil meiner Arbeiten.
Virtueller Wind in meiner Animation bringt die Struktur in eine mal fließende, mal zitternde Bewegung. Farbtropfen/-spuren, Silikon und die integrierte Collage in der bildhauerischen Arbeit  brechen die Strenge der Struktur. Weiterhin stören diese Elemente die glatte, saubere, weiße Oberfläche des Materials. Damit versuche ich, einen unruhigen und unerwarteten Moment sowohl in meiner Animation als auch in der Skulptur zu schaffen.
Meine Arbeiten greifen alltägliche und architektonische Motive auf. Ich verwandle diese Strukturen in etwas Organisches und Flüssiges. Rationale architektonische Elemente werden in meinen Arbeiten zu irrationalen und absurden Formen.

Timo Klos

Für die Video-Arbeit "Just in time" wurde durch den Sucher einer analogen Spiegelreflexkamera, während der Aufnahme eines Fotos mit Hilfe des Selbstauslösers gefilmt. Nach der Belichtung (schwarze Phase) sind die Protagonisten plötzlich verschwunden. Es bleiben viele Fragen offen: Wo sind sie? Warum sind sie verschwunden? Hat die Kamera sie verschluckt oder das Foto sie gar der Realität entliehen? Oder sind sie einfach nur rastlos und bereits während der Aufnahme zum nächsten Moment übergegangen? Ihr Verschwinden und all jene damit verbundenen Unklarheiten legen die Vermutung nahe, es sei schier unmöglich einen einzigen Moment des Lebens kompromisslos festhalten zu können.

Karoline Kreißel

"Sans doute la vie se protège-t-elle par la répétition, la trace, la différence". (J. Derrida, "Freud et la scène de l'écriture" in: L'écriture et la différence, Paris 1967, SS. 293-340; S. 302). Die Wiederholung hat sich als Schlüsselkategorie der postmodernen Zeitlichkeit etabliert. Die lineare und zum Fortschritt schreitende Zeit der wissenschaftlichen Revolution des XVII. Jahrhunderts und der industriellen Revolution hat ihre Erklärungskraft zunehmend verblassen gesehen. Jedoch ist die zirkuläre Zeitlichkeit, die sich schon mit Nietzsche oder Benjamin profiliert, eine rätselhafte, weil sie im Widerspruch mit unserem intuitiven Verständnis von Zeiterfahrung scheint. Und das stimmt: Die Zeit der Erfahrung erlaubt keine Sprünge in die Vergangenheit, der Zeitpfeil ist zwangsläufig auf die Zukunft gerichtet. Aber nicht die Zeit der Wahrnehmung. Die Zeitwahrnehmung hat eigene Gesetze, die mit der Bewusstseinsstruktur wesentlich verflochten sind. Die Wiederholung ist hier die Zeitfigur schlechthin. Sie ist die Chiffre der Zeitlichkeit der Erinnerungen und der Wünsche, der Déjà-vus und der Flashbacks, die keine Rücksicht auf die tatsächlichen Geschehnisse nimmt sondern ein eigenes rhythmisches Leben besitzt. Und in dieser rhythmischen Bewegung finden immer wieder neue Kombinationen und Kontaminationen unter vergangenen und gegenwärtigen Erlebnissen statt, die neue Bedeutungen vergangener Erlebnisse stiften, nachträglich. Das heißt, die Wiederholung wiederholt nichts, sondern kreiert immer wieder neu. (Serena Gregorio, MA of Philosophy)

Patrick Leppert

Gegenstände, die sich durch Wind, Wasserkraft, Feuer, schiefe Ebene, Schwer-, Spann-, und Muskelkraft in Bewegung versetzten lassen, werden Zu kinetischen Objekten. Da die Bewegungen meist kurzfristig sind, dokumentiere ich diese per Video.

Steffi Lindner

Das Video zu "Happy in bits" von Prinzhorn Dance School erzählt von der desolaten Schönheit menschlichen Bemühens.

Anna May

Eine visuelle Collage, die sich mit einzelnen Lebensabschnitten auseinandersetzt. Fokus hierbei ist das Bleiben der Vergangenheit, bzw. das Ankommen in der Gegenwart.

Hannes Nienhüser

Wie kommen die Löcher in den Käse?
Die Arbeit Lasercheese (2014) ist eine humoristische Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich das grundlegende Verhältnis des Menschen zu seiner Nahrung verändert hat. Der unmittelbare Zugang eines Jägers und Sammlers ist einem Prinzip maximaler industrieller Aufbereitung gewichen, das die sogenannte Nahrungskette um zahlreiche blutleere Glieder verlängert.
Das Bild eines handelsüblichen Sandwich-Käses, dessen Scheiben - einzeln verpackt und makellos glatt - in einem aufwendigen, hoch technisierten Prozess mit Löchern versehen werden, um die Illusion von Naturbelassenheit zu schaffen, bringt den paradoxalen Charakter dieses Wandels zum Vorschein.

Sara Pfrommer

Ich führe einen weißen Lichtkreis im Dunkeln an einem an der Wand befestigten Objekt aus Papier entlang. Der Lichtkreis wandert durch Berge und Täler, verschwindet teilweise und taucht wieder auf. Seine Umrisse verformen sich ständig.

Anja Sijben

"Behind the facade" zeigt die Fürsorge für das eigene Erbe: Die Bewohner dieses Hauses aus  dem Jahr1620 haben ihren Wohnraum mit eigenen Händen renoviert und wohnen seitdem in diesen Haus - seit über 30 Jahren. Sie haben auch die Geschichte des Hauses untersucht: Einer der früheren Bewohner hatte das Gemälde "Das Mädchen mit dem Ohrring" von Vermeer 20 Jahre in diesem Haus, das war um 1830. Eine kleine Kopie erinnert noch daran.
Anja Sijben ist eine niederländische Künstlerin, die unter anderem in Amsterdam lebt. Sie absolvierte „De Nieuwe Akademie“ in Utrecht im Jahr 2005. Ihre Arbeiten sind in verschiedenen Organisationen ausgestellt und international in Sammlungen vertreten. Ihre Arbeit konzentriert sich auf das menschliche Verhalten, im öffentlichen und im privaten Umfeld.Ddie Medien, die sie einsetzt sind Zeichnung, Fotografie, Video, Keramik und Klanginstallationen.

Anna-Theresa Wittmann

When it comes to galaxies, diversity is everywhere.*
Drei verschiedenfarbige Steine erinnern an Meteorgestein, das durch den Kosmos gleitet. Sie werden so über die Bildfläche bewegt, dass ein Stein immer den Platz eines anderen einnimmt. Durch Pigmentstaub des jeweils entsprechenden Farbtons werden ihre Bewegungsspuren aufgezeichnet. Diese verweben sich zu einer Zeichnung auf der Bildfläche, in der eine Vielfalt neuer Mischtöne entsteht. Jeder Stein behält jedoch seine Ursprungsfarbe.
Der Aspekt, dass durch Mischung bestimmter Substanzen Neues entsteht, ist nicht nur im Bereich der Astromineralogie zu finden. In der Soziologie wird davon ausgegangen, dass aus dem gleichberechtigten Zusammenleben und der daraus resultierenden Vermischung von unterschiedlichen religiösen, kulturellen, ... Gruppen Diversität entsteht. Eine Vielfalt, die als Quelle des Austausches, der Erneuerung und der Kreativität gilt.
*heic0819 - Science Release / ESA Web Portal / 2008