Das Künstlerhaus Dortmund – ein Ort für künstlerische Experimente - hat für das Dortmunder Festival „scene:ungarn in nrw“ seine zwei Mitglieder, Hannes Woidich und Willi Otremba, auf die Reise nach Ungarn geschickt, um zusammen mit der Gastkuratorin Szolga Hajnal in den beiden ungarischen Städten Pécs und Budapest Künstler und Künstlerinnen in deren Ateliers zu besuchen. In der Ausstellung szimpla dupla wird deren gemeinsame Auswahl acht unterschiedlicher künstlerischer Positionen präsentiert. Die Einladungen an die Künstler:innen sind  zwar nicht als repräsentative Übersicht einer lokal eingegrenzten Kunstszene zu verstehen, spiegeln aber exemplarisch die faszinierende Atmosphäre und die lebendige Vielfalt künstlerischer Haltungen in der aktuellen Kunstproduktion Ungarns wider.
Der Titel für diese Gruppenausstellung wurde spontan und intuitiv während der Reise in Budapest gefunden; es handelt sich um einen einfachen Abzählreim ungarischer Kinder, der nicht einmal übersetzt werden muss. Der Titel steht auch progressiv für den Beginn eines Ausstellungsprojektes, das weiteren künstlerischen Austausch auf der Ebene autonomer Künstlerorganisationen zum Ziel hat.
Der Ausstellungsschwerpunkt liegt auf Rauminstallationen junger Künstler und Künstlerinnen der aktuellen ungarischen Szenen in Pécs und Budapest, die speziell für die Präsentation im Künstlerhaus Dortmund neue Arbeiten vor Ort erarbeiten werden: Videoinstallationen, Raumzeichnungen, Holz-Environments, Erinnerungskonstruktionen...

Zur Ausstellung ist ein Katalos erschienen, der im Künstlerhaus für 10 Euro erworben werden kann.

Eröffnung

Szövetség'39

3 műszak
Die Installation 3 műszak („3 Schichten“) reflektiert die Geschichte des Gebäudes, lässt das flimmernde, veränderliche Lichtspiel von Bergmannsleuchten wieder aufleben und reflektiert die Auswirkungen schwerer und mühsamer Arbeit. Die in den Kunststoffgegenständen untergebrachte Elektronik bringt in allen Teilen zunächst identische Voraussetzungen mit, deren spätere Funktion ist dennoch unberechenbar. „Wir rechnen damit, dass sich geringfügige Abweichungen in den 2 Monaten der Ausstellung zu visuell aufregenden Phänomenen entwickeln werden. Aus einer anfänglich homogenen Oberfläche versuchen wir, gewisse Muster zu bilden, das Ergebnis ist jedoch unvorhersehbar. Wegen der unterschiedlichen Ermüdung und des Verschleisses der Einheiten werden die Darstellungen wahrscheinlich durch ein Bildrauschen verfremdet werden.“

Barbara Follárd

Room
Das Thema dieser Arbeit ist es, ein Territorium zu besetzen, Räume „einzuwohnen“, tanzend zu grübeln, sich dem Raum anzuschmiegen. Ein Tanzfilm, der auf den konkreten Raum reagiert, dabei schöpferisch die Umwelt in enge Beziehung zum Werk setzend.

Csenge Kolozsvári

Holons
Die Installation besteht aus 21 Aluminiumkugeln, die mit einem Tastsensor ausgestattet sind. Eine Berührung löst über die eingebaute Elektronik ein zweifaches Signal aus, eine Licht- und eine Schallquelle. Hörbare und visuelle Erscheinung dauern ungefähr 20 Sekunden lang parallel zueinander an und erlöschen dann allmählich. Dieses Zeitintervall reicht aus, dass sich aus separaten Einheiten ein polyphoner Klang und ein Lichtspiel entwickeln, die gleichzeitig als eine Art musikalische Improvisation fungieren.

Anna Baróthy

„B”- Zeit visuelle Gleichung
Die Art und Weise unseres Sehens und die so geprägte Visualität sowie das charakteristische Weltbild sind auch eine konsequente Folge der Konstrukltion unseres Augensinnes. Auch im Bereich Visualität neigt der Mensch dazu, seine eigenen Fähigkeiten zu überschätzen. Mein hier gezeigtes Experiment fragt, wieviel Veränderung seiner Daten ein Bild mit üblichen Verfahren erträgt, bevor es unkenntlich wird. Welche typischen Komponenten legen fest, wie wir uns im Sehprozess orientieren, bzw. wie wichtig sind diese? Was passiert, wenn ich eine davon weglasse oder deren Parameter verändere?

Ádám Kokesch

Die zur Schau gestellten Gegenstände bilden eine nicht organische Gruppe (ein „Set“) und sind in einer ungewöhnlichen Weise präsentiert. Die Objekte, die sich sowohl als Sensor auffassen oder als Bild interpretieren lassen, sind dabei eher als Bestandteile des Raumes zu verstehen, die in diesem Raum präsentiert werden wollen – als Sensoren beziehungsweise Pods können sie auch für sich stehen.

Hajnalka Tarr

Private practice : Reality coloring book,  "Family"
Reality coloring books ist eine Malbuchserie für Erwachsene. Ich glaube, dass wir uns unzähligen Erscheinungen um uns herum verschließen und dass wir gleichzeitig unabänderliche Vorurteile über sie haben, sie allesamt vorschnell als gut oder schlecht einstufen. Aber es lässt sich eines von diesen Phänomenen ganz sicher behaupten: sie tauchen einfach auf, verändern sich, verschwinden wieder und wir haben sie bemerkt.
Mit meinen Malbüchern möchte ich versuchen - ohne Kategorisierung und ohne übermäßige emotionale Reaktionen, sanftmütig und ruhig auf alles zu schauen zu, auf das, was um uns herum und in uns vorgeht, unabhängig davon, ob es uns gefällt oder nicht.

Zsolt Tibor

Innerhalb eines vorgegebenen Raumes projiziere ich ein oder mehrere Fotos, beispielsweise von (ähnlichen) Innenräumen, die dann von mir weiter gedacht, gezeichnet und „gebaut“ werden, wobei ich verschiedene Materialien und gegebenenfalls auch zusätzliche Dias verwende.

Marianna Szabó

Eine Oberfläche, gestaltet aus parallelen Zwirnfäden, ergibt eine Form, ihre Diskontinuität macht sie jedoch unkenntlich und unbegreiflich. All dies lässt sich auch wie eine Hülle, eine Larve oder ein abgelegte Haut interpretieren, die einen Menschen, eine nicht genau bestimmbare Person, nur erahnen lässt. Die charakteristisch verschieden gearteten Frauen- und Männerfiguren sind im Raum relativ weit entfernt voneinander platziert, jedoch verlaufen die Fäden, aus denen sie bestehen, stellenweise ineinander und stellen einen Kontakt zwischen ihnen her. Diese Schnittpunkte lassen sich auch als Freundschaft, Familienbande, genetische Klammer oder als zwischenmenschliche Beziehungen interpretieren, die klein- oder großflächig überlappen und das Gefühl von Einsamkeit womöglich lindern.

István Csákány

Mit der Installation „Die Choreographie des Berges“, die zuerst im Ernst-Múzeum, Budapest, in der Ausstellung Lenmechanika gezeigt wurde, tritt das bis dahin eher der Malerei zugedachte Thema in den dreidimensionalen Raum und erlangt hier im wahrsten Sinne des Wortes Gewicht. Der Berg als beliebter Topos der Romantik beschränkt sich so nicht allein auf den imposanten Anblick, sondern wird selbst zur Oberfläche für die Präsentation des Werkes, zum Mittel, den Berg zu erfassen. Im künstlichen Bereich des Ausstellungsraumes gehen die Besucher ca. einen Meter über dem Fußboden einem Abenteuer nach.  Indem sie die massive Konstruktion erklettern, formen sie die „Choreographie des Berges“ mit und werden gleichzeitig zu dessen Bestandteil.